Mulsum. Die Kirchenkreissynode Buxtehude befasste sich bei ihrer Novembersitzung in Mulsum zentral mit dem Konzept zum Schutz vor sexualisierter Gewalt und Kindeswohlgefährdung der Kirchenkreise Stade und Buxtehude. Verantwortliche der beiden Kirchenkreise hatten in einer Steuerungsgruppe, bestehend aus den Superintendenten, der Mitarbeitervertretung (MAV), den Kirchenkreisjugendwart:innen, dem Geschäftsführer des Diakonieverbandes und der Kirchenamtsleitung einen Konzept-Entwurf erarbeitet und seit September in einem Beteiligungsprozess diskutiert.
Superintendent Martin Krarup stellte die Besonderheit heraus, dass die beiden Kirchenkreise Buxtehude und Stade ein Schutzkonzept vorlegen, in dem die Themen sexualisierte Gewalt und Kindeswohlgefährdung integriert seien. Damit konnten sie auf den 2019 beschlossenen Kindeswohlschutzkonzepten aufbauen. Im Zuge des Beteiligungsprozesses seien noch Einzelheiten verändert worden. Unter den Rückmeldungen fand sich mehrfach der Hinweis, das Konzept sei aufgrund seiner Fachsprache nicht für alle Interessierten verständlich formuliert. Daher sei eine Kurzversion in leichter Sprache in Vorbereitung, versicherte Krarup. Zudem werde eine Viertelstelle pro Kirchenkreis für Multiplikatoren-Aufgaben eingerichtet.
Im ersten Teil des Konzeptes heißt es: „Das Schutzkonzept dient allen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden als Orientierungsrahmen für grenzachtenden Umgang und schafft ein möglichst hohes Maß an Verbindlichkeit und Handlungssicherheit. Es sollen proaktiv bestehende Machtstrukturen selbstkritisch analysiert werden und Gegebenheiten verhindert werden, die Gewalt und grenzüberschreitendes Verhalten begünstigen.“
Dabei sollen möglichst viele Perspektiven Berücksichtigung finden. Unterschieden wird im weiteren Verlauf nach Präventionsmaßnahmen und Interventionsmaßnahmen. Zur Prävention gehöre u. a. eine Organisationskultur, in der keine Form von Gewalt toleriert werde: „Wir (…) treten jeglicher Form von abfälliger, sexistischer, rassistischer, diskriminierender Sprache und Tat entschieden und gemeinsam entgegen. Hier ist auch und insbesondere verbale Gewalt in Form von Witzen, grenzüberschreitenden Kommentaren, unangemessenen Komplimenten und Bloßstellen gemeint.“
Schulungen seien für Hauptamtliche und Ehrenamtliche in Leitungsfunktionen verbindlich. Gemäß den Vorgaben der Landeskirche Hannovers werden „im kinder- und jugendnahen Bereich keine nach §72a SBG VIII einschlägig vorbestraften Personen beschäftigt.“ Diese Regelung umfasst auch Ehrenamtliche. Berufliche Mitarbeitende haben ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. „Wenn Art, Intensität und Dauer des Kontakts mit Kindern und Jugendlichen oder mit Volljährigen in Abhängigkeitsverhältnissen dies nach der entsprechenden Rundverfügung der Landeskirche notwendig machen“, gilt dies auch für volljährige ehrenamtlich Mitarbeitende, heißt es im Konzept.
Interventionsleitlinien mit genau definierten Zuständigkeiten regeln die Abläufe, sollte ein Verstoß gegen das Schutzkonzept festgestellt werden. Ein Interventionsteam wird eingerichtet, bestehend aus dem Superintendenten und beider Stellvertreter:innen sowie der Kirchenkreisjugendwartin. Das Team kann um eine Person ergänzt werden, damit mindestens eine Frau und ein Mann vertreten sind.
Für die Aufklärung sowie im Bedarfsfall für die Aufarbeitung und Nachsorge sagt die Landeskirche Unterstützung zu gemeinsam mit den Kirchenkreisen. „Sie zieht dabei nichtkirchliche Stellen hinzu und beteiligt die Betroffenen in der jeweils geeigneten und mit ihnen abgestimmten Weise. Sie entscheidet, ob sie die notwendigen Kosten von Aufarbeitungsprozessen übernimmt und weist auf die Anerkennungskommission hin. Bei Bedarf wird frühzeitig interne und externe Hilfe angeboten z.B. in Form von Beratung, Einzel- oder Teamsupervision, Therapieangeboten etc.“.
Ein Beschwerdemanagement wird eingerichtet und alle drei Jahre überprüft.
Das Plenum beschloss das vorgelegte Schutzkonzept einstimmig. Nun wird die Steuerungsgruppe bis Ende Dezember 2024 noch einen Anhang erstellen und alles auf der Kirchenkreis-Website veröffentlichen. Kontaktdaten der Ansprechpartner:innen, Interventionspläne und Checklisten werden enthalten sein. Denn: „Beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitende sind verpflichtet, den/die Superintendent:in unverzüglich zu unterrichten, wenn Anhaltspunkte für einen Fall sexualisierter Gewalt oder Kindeswohlgefährdung vorliegen.“, so der Wortlaut im Schutzkonzept.
In den elf Gemeinden des Kirchenkreises und allen kirchlichen Einrichtungen müsse das Schutzkonzept bis Ende April 2025 auf die jeweilige Situation vor Ort angepasst und von den Kirchenvorständen beschlossen werden. Dabei seien eine Risiko- und Potenzialanalyse zu realisieren.
Insgesamt gehe es mit dem Schutzkonzept auch um eine Sensibilisierung für das Thema. Krarup betonte: „Wir wollen mit dem Konzept soweit überhaupt möglich verhindern, dass Menschen Gewalt erleben müssen.“
Christa Haar-Rathjen